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Beitrag vom 24.05.2007
How To Cook Your Life
Tatjana Zilg
Doris Dörrie porträtiert den kalifornischen Zen-Priester Edward Espe Brown. Durch die Kombination von Kochen, Philosophieren und Meditieren vermittelt er buddhistisches Denken auf spielerische Weise
Das Sein im Hier und Jetzt. - Ein grundlegender Gedanke der buddhistischen Philosophie, die seit ihrer Verbreitung in Europa und den USA während der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts viele westliche Menschen sehr schnell begeistert hat. Die Erkenntnis, sich ganz der Gegenwart widmen zu können, dabei die Freude an kleinen Dingen wiederzufinden, nicht immer nach dem Morgen, der Zukunft streben zu müssen ließ viele Streßgeplagte in die Meditationszentren strömen, wo sie die östliche Spiritualität in ihrer ganzen Tiefe kennen lernen konnten.
Die Regisseurin Doris Dörrie, Wegbereiterin für die deutsche Beziehungskomödie, gab in dem Zen-Zentrum Tassajara in den Bergen bei San Francisco einen Film-Workshop, als sie dort einen außergewöhnlichen Koch-Lehrer begegnete. Geschickt, feinsinnig und mit viel Humor zeigt er seinen TeilnehmerInnen, wie sie leckere Speisen mit bewusst ausgesuchten Zutaten zubereiten und dabei gleichzeitig mit sich selbst im Hier und Jetzt in Kontakt kommen können.
Der Brotback-Meister und Gemüsemesser-Akrobat Edward Espe Brown praktiziert Zen seit 1965. Mit Yoga begann er 1980. Neben seinen Meditations- und Kochkursen, die ihn durch die USA, aber auch durch Deutschland, Österreich, Spanien und England führten, lehrt er an drei Zen-Zentren in San Francisco : Tassajara, Green Gulch und das City Center.
Er selbst wurde von Suzuki Roshi zum Zen Priester geweiht.
Ganz bei dem zu sein, was gerade getan wird, ist die wichtigste Zen-Lehre, die sich beim Kochen vermittelt. "Als ich mit dem Kochen anfing, fragte ich Suzuki Roshi um Rat. Er sagte: Wenn du den Reis wäschst, dann wasch´ den Reis. Wenn du Karotten schneidest, schneid´ Karotten. Und wenn du die Suppe umrührst, rühr´ die Suppe um."
Aber auch die umsichtige Behandlung und Auswahl der verwendeten Zutaten ist von großer Bedeutung. Nichts zu verschwenden, nichts übereilt wegzuwerfen sind Grundsätze, die Edward Brown mit viel Humor seinen TeilnehmerInnen aus aller Welt vermittelt.
Doris Dörrie beobachtet den Zen-Priester, der in der Küche seine Erfüllung fand, mit viel Feingefühl und gekonntem Blick für die Momente, in denen sich seine weltgewandte Lebensweisheit am schönsten offenbart. Besondere Bedeutung misst er dem Brotbacken bei. Mit tänzerischer Hingabe knetet er den Teig, und bedauert, dass seine Landsleute das Brot fast nur noch aus Supermarktregalen holen, deshalb gar nichts mehr von den Eigenheiten der Hefe wissen.
Die Reflektion der Fast Food Gewohnheiten der US-amerikanischen Gesellschaft ist ein wichtiger Nebenstrang des Dokumentarfilmes. Durch die unzähligen Fertigprodukte und die chemischen Bestandteile findet eine Entfremdung vom natürlichen Prozess des Essens statt. Der beste Beweis dafür ist der Geschmack. Die TeilnehmerInnen der Kochkurse berichten begeistert von dem Sinneserlebnis beim Genuss der zubereiteten Speisen.
AVIVA-Tipp: Ein Dokumentarfilm, der zum Nachsinnen über eine der alltäglichsten Sachen der Welt anregt, die doch sooft zur Nebensächlichkeit gerät, und dort ansetzt, wo "We Feed The World" aufhört: Bei der Frage, wie es gelingen könnte, wieder einen bewussteren Bezug zum Essen und zur Nahrungsmittelproduktion zu gewinnen.
How To Cook Your Life
Wie man sein Leben kocht
Die Zen-Kochkunst des Edward Espe Brown
Deutschland 2007, 93 Minuten
Buch und Regie: Doris Dörrie
DarstellerInnen: Edward Espe Brown u. a.
Verleih: MFA FilmDistribution
Kinostart: 10.05.2007
Der Film im Web: www.hoehnepresse.de